Urheberrechtstagung am 17.11.2015

Juridicum - Universität Göttingen

Juridicum – Universität Göttingen

Am 17. November 2015 fand in Göttingen

die 9. Urheberrechtstagung in der Paulinerkirche statt. Prof. Dr. Gerald Spindler und Prof. Dr. Andreas Wiebe von der Juristischen Fakultät der Universität Göttingen hatten die Tagungsleitung inne.
Im Vorfeld war Professor Gerald Spindler bereit, dem StadtRadio Göttingen einige Fragen zu beantworten.(Zusammenfassung)

Warum ist eine Urheberechtstagung nötig und warum findet sie immer in Göttingen statt?

Die Urheberrechtstagung finde in Göttingen statt, weil hier das nötige Fachwissen von Experten bedingt durch das hiesige wissenschaftliche Verlagswesen und die Bereiche Bibliothek und Wissenschaft vorhanden sei. Die Urheberrechtstagung habe sich zu einem Treffpunkt von Verlagen, Bibliotheken und Wissenschaftsorganisationen entwickelt. Eine solche Tagung sei nötig, da sich das Urheberrecht seit zwei Jahrzehnten in einem tiefen Umbruch befinde.

Wozu gibt es das Urheberrecht?

Das Urheberrecht sei die Anreizwirkung für Autoren und Künstler Werke zu produzieren und ihnen für das, was sie schaffen einen gerechten Lohn zu geben.

Ist das Urheberrecht in Zeiten des Internets überhaupt noch zeitgemäß?

Dies sei eine sehr philosophische Frage, man könne sie nicht richtig beantworten. Einerseits gäbe es Personen, die das Urheberrecht für sinn- und nutzlos halten würden, aber andererseits würden Personen am liebsten das Internet abschaffen.
Es ginge darum eine richtige Balance zwischen den Interessen der Autoren, Künstler, Musiker und denen zu finden, die gern Zugang zu den Informationen haben möchten.

Was bedeutet das Urheberrecht im täglichen Leben?

Es bedeute unglaublich viel. Jeder, der ein Smartphone oder einen PC nutze, habe mit dem Urheberrecht zutun. Man dürfe nicht ohne weiteres irgendwelche Werke ohne die Einwilligung des Künstlers bzw. des Rechteinhabers herunterladen z.B. von YouTube und diese dann veröffentlichen, vervielfältigen und verändern. Das Urheberrecht sei dazu da, einen Interessenausgleich finden.

Auf Wikipedia findet man unter Bilder oft den Vermerk CC-BY und andere Kürzel.
Was heißt CC und welcher Auswirkungen hat es auf die Weiterverwendung?
Worauf muss man dabei achten?

CC sei die Abkürzung für die sogenannte Creative-Commons-Lizenz. Diese Lizenz sei in den USA entwickelt worden, um einen allgemeinen Zugang zu Informationen zu ermöglichen. Gleichzeitig sollten aber auch die Rechte der Autoren und der Künstler gewahrt werden. Diese Kürzel gäben die Art der Lizenzen an. Durch sie könne man ersehen, ob eine kommerzielle Verwendung von Werken gestattet sei, auch ob eine Bearbeitung der Werke erlaubt wäre oder nicht. Die Benennung der Autoren oder Künstler sei unabdingbar. Durch die Angabe der CC-Kürzel solle schnell erkennbar sein, wie man Texte oder Bilder verwenden könne.

Im wissenschaftlichen Bereich werden Texte als Open Access Version veröffentlicht. Was bedeutet Open Access?

Open Access bedeute, dass man einen freien ungehinderten Zugang zu einer Information habe, beispielweise zu einem wissenschaftlichen Text und dafür nicht bezahlen müsse.

Was muss man bei einer Veröffentlichung als Open Access Version beachten?
Bevor man etwas unter Open Access stelle, müssten die Rechte für die jeweilige Lizenz geklärt werden. Wenn man etwas unter Open Access stellen wolle, müsse dies mit der vom Rechteinhaber erlaubten Lizenz verknüpft werden. Aber im Prinzip sei jede Creative-Commons-Lizenz eine Open Access-Lizenz. Man könne die CC-Lizenzen variieren und auch Bearbeitungen zulassen.

Gibt es CC-Lizenzen die mit Open Access nicht vereinbar sind?

Aus einem Inhalt (z.B. aus Wikipedia), der unter eine nichtkommerzielle Lizenz gestellt worden sei, also CC-NC, non-commercial, dürfe man nicht selbst ein Buch herstellen und es dann verkaufen. Diese Nutzung sei dann commercial-use. Die Auslegung was kommerziell oder nicht kommerziell sei, sei nicht immer so eindeutig definiert. Es gäbe aber auch Creative-Commons-Lizenzen, die eine kommerzielle Verwendung zulasse und dies könne jeder auch nutzen.

Ein heißdiskutiertes Thema unter Bloggern sind die Bildrechte auf Buchcovern. Darf man einfach davon ausgehen, dass man die Bilder auf Buchcovern auch automatisch auf der eigenen Webseite verwenden kann?

Es komme darauf an, ob dieses Bild oder Cover im Rahmen eines sogenannten Zitates verwendet würde. In einer Buchrezension könne man das entsprechende Cover abbilden. Dies sei ein Zitat. Es diene der Illustration für den Leser, dessen was man eigentlich bespreche. Natürlich müsse der Bezug zu dem entsprechenden Buch vorhanden sein. Das Cover illustriere das Buch und stelle den Zusammenhang dazu her.

Einige Bildagenturen sagen: „Okay, Sie dürfen dieses Bild auf dem Cover benutzen, wenn Sie das Cover 1:1 auf die Webseite stellen. Andere Juristen sagen, dass dadurch wieder eine neue Nutzung entsteht und dass man das Cover benutzen kann, wenn man es abfotografiert. Dann wäre man auf der sicheren Seite. Dann sagen wieder andere Juristen: „Das ist auch nicht korrekt.“

Es herrsche unglaublich viel Verunsicherung darüber und es würden viele Nebelkerzen von denen geworfen, die damit Geld verdienen wollen. Man müsse etwas in seiner eigenen Gedankenführung zitieren. Eine Rezension sei das beste Beispiel dafür. Das Cover mit dem Bild dürfe man dafür verwenden. Dabei könne man auch ein Bild kleiner oder größer machen.
Würde man aber keine Rezension schreiben, wäre das Cover mit dem Bild kein Zitat und man dürfe dies nicht veröffentlichen. Man müsse erst die entsprechenden Rechte einholen. Man könne nicht einfach auf seine Homepage irgendein Buchcover stellen, ohne es in irgendeine Weise in eine eigene Gedankenführung einzubetten.

Es ist in Mode gekommen, das Cover mit Bildern auf Webseiten für Rezensenten zum kostenlosen Download angeboten werden. Darf ich als Blogger dann einfach das Cover downloaden, weil der Verlag die Möglichkeit einräumt? Bei älteren Büchern wird der Verlag nie für die Abbildung auf dem Cover die Rechte für das Internet eingeholt haben.

Ersten: Wenn der Verlag wirklich alle Rechte habe und dies zum Download anbiete, könne der Rezensent zur Untermalung seiner eigenen Gedankenführung das Cover mit dem Bild verwenden.
Zweitens: Die Rechtsprechung ginge davon aus, dass eine konkludente Einwilligung desjenigen vorläge, der das Cover mit dem Bild ins Internet gestellt habe. Wenn derjenige, der es ins Internet stelle, nicht wolle, dass dieses von anderen benutzt würde, müsse ein entsprechender Vermerk angebracht werden. Ein solcher Vermerk könne lauten: „Sie sind nicht berechtigt, das Cover herunterzuladen.“
Dies heiße, dass jemand der etwas ins Internet stelle, auch automatisch einwillige, dass ein anderer diese Sachen herunterlade und auch wieder verwende und zitiere.

Der Blogger wäre dann eigentlich auf der sicheren Seite, aber der Verlag muss die Rechte einholen. Er muss auch sicher sein, dass er das da reinstellen darf.

Wenn ein Verlag oder jemand anders, es beträfe nicht nur die Verlage, irgendetwas ins Netz hineinstellen würde, müsse er auch die Rechte dafür haben. Wenn er diese nicht habe, dann dürfe er das nicht. Leider passiere es immer wieder, dass Verlage etwas verwenden, ohne den Autor oder Rechteinhaber gefragt zu haben. Dies sei rechtswidrig. Gerade bei älteren Werken sei dies ein großes Problem. Für einen bestimmten Übergangszeitraum greife der Paragraf 137L des Urhebergesetzes, aber dies sei eine relativ komplexe Norm und nicht innerhalb von zwei Minuten zu erklären. Es gäbe aber durchaus die Möglichkeit, dass Verlage auch automatisch für ältere Werke die Rechte bekommen könnten.

Welche Veränderungen sind im Urheberrecht geplant?

Es sei noch früh etwas darüber zu sagen, da die in Aussicht gestellte Reform seitens der europäischen Kommission jetzt auf Juni/Juli 2016 vertagt worden sei.

[Die Radiosendung wurde am 16. und 17. 11.2015 im StadtRadio Göttingen ausgestrahlt.]

© Copyright Ingeborg Lüdtke

Text- und Data-Mining: Ich behalte mir eine Nutzung aller Inhalte dieser Webseite für kommerzielles Text- und Data-Mining im Sinne von § 44b UrhG ausdrücklich vor.

(Prof. Dr. Gerald Spindler verstarb am 11.9´09.2023)

Weiterführende Links:

https://tom.vgwort.de/Documents/pdfs/paperforms/nu_meldeformular.pdf

http://www.boersenverein.de/sixcms/media.php/976/Merkblatt_unbekannte_Nutzungsarten.pdf

http://de.creativecommons.org/was-ist-cc/

https://www.open-access.net/informationen-zu-open-access/

http://irights-lab.de/assets/Uploads/Documents/Publications/zweitveroeffentlichungsrecht-20150425.pdf

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