Wozu noch Zeitungen?

ZeitungDr. Ulrich Kurzer, Geschäftsführer beim StadtRadio Göttiingen, machte mich auf die Reihe zum Lokaljournalismus in der DLF-Sendung @mediasres aufmerksam:
https://www.deutschlandfunk.de/neues-von-nebenan-lokaljournalismus-mit-zukunft.2907.de.html?dram:article_id=448198. Ebenso  erhielt ich von ihm  einen Hinweis auf eine Sendung von Rainer Link im Deutschlandfunk. Die Sendung wurde als DLF-Kultur das Feature am 7. Mai 2019 um 19:30 Uhr ausgestrahlt. Das Thema der Sendung lautet: „Printmedien und Digitalisierung. Mit Strategie gegen die Zeitungskrise“.

Diese Sendung erinnerte mich an meine erste Rezension, die ich im Frühjahr 2009 über das Buch „Wozu noch Zeitungen? Wie das Internet die Presse revolutioniert“ schrieb. Das Buch wurde von Leif Kramp, Hans-Jürgen Jakobs und Stephan A. Weichert im Verlag Vandenhoeck & Ruprecht herausgegeben.

Wir haben damals noch leidenschaftlich diskutiert, ob ich als Verlagsmitarbeiterin eines unserer Bücher rezensieren dürfe. Nun ich durfte, aber nur in Kurzform.

Durch die Rezension hatte ich keinerlei persönliche oder finanzielle Vorteile. Mich hat einfach das Thema interessiert. Dadurch fiel die eigentliche Rezension wesentlich ausführlicher aus.

Es ist interessant die Befürchtungen und Überlegungen vor 10 Jahren mit der heutigen Situation zu vergleichen:

Als ich vor einigen Wochen in der Bahn nach Bergisch Gladbach saß, lag eine Ausgabe einer großen deutschen Zeitung besitzerlos und unordentlich zusammengefaltet auf dem Tisch. Ich falte meine eigene Tageszeitung auseinander und muss aufpassen, dass ich meinen Mitreisenden nicht behindere. Der Wunsch nach einer kleinformatigen Zeitung steigt in mir auf.
Oder wäre ein Laptop mit der Online-Zeitung die bessere Lösung?
Auf der Rückfahrt sitzt ein Jugendlicher mit einem Laptop neben mir und ein Herr mit einem ebensolchen mir gegenüber. Auch alles recht sperrig und ein schnelles Zusammenpacken ist sicherlich nicht möglich. Dies kann dann also auch nicht die bahnfreundlichere Form des Zeitungslesens sein. Wäre es denn jetzt nicht viel schöner, die Zeitung auf dem Handy oder dem BlackBerry zu lesen?
Behindern würde ich damit niemanden, aber wenn man so jenseits der 50 (J) ist, dann verlangen die Augen nach einer Lesebrille und Großbuchstaben. Das wiederum erhöht auch nicht gerade den Genuss, die Zeitung elektronisch zu lesen

Werden Zeitungen als Printausgabe überhaupt noch gebraucht?

Kommentare aus Zeitungsartikeln kann man heutzutage doch schon im Radio hören. Klasse wäre jetzt ein iPod mit Radiofunktion. Neidvoll sehe ich auf den jungen Mann auf der gegenüberliegenden Seite des Ganges. Musik tönt aus seinen Kopfhörern. Bumm, bumm. Das wiederum bringt den ihm gegenüber sitzenden Fahrgast auf den Plan: „Können Sie Ihr Gerät leiser stellen?“.
Ich widme mich nun wieder meinem Nachrichtenmagazin in handlicher DIN A4 Größe.

Als das Buch „Wozu noch Zeitungen?“ von Stephan Weichert u.a. erschien, war mir klar: Das muss ich unbedingt lesen. Auch der Untertitel: „Wie das Internet die Presse revolutioniert„, klingt verheißungsvoll.

Es überrascht mich positiv, dass den 24 Interviewpartnern nicht immer dieselben Fragen gestellt werden. Jeder der hochkarätigen Experten (aus den USA, England und Frankreich) aus der Zeitungswelt wird mit seinem beruflichen Werdegang und einem Foto vorgestellt.
Angenehm ist, dass die Hauptaussagen übersichtlich mit Zwischenüberschriften versehen sind.

Guter Journalismus ist weiterhin nötig

Einig sind sich alle Befragten darüber, dass es guten Journalismus weiterhin geben wird und dieser auch nötig ist. Ob dies allerdings als Printausgabe oder nur als Online-Zeitung sein wird, weiß keiner so recht zu beantworten. Manch einer gibt der gedruckten Zeitung aufgrund der immer mehr zurückgehenden Auflagen nur noch 10-20 Jahre eine Überlebenschance. Wieder andere sind der Meinung, dass uns Qualitäts- und Lokalzeitungen erhalten bleiben werden. Auch der völlige Tod der Printausgabe wird vorausgesagt.

Befürchtet wird, dass die Bürger weniger informiert werden. Der sogenannte Bürgerjournalismus in Form von Blogs liefere zwar jede Menge Informationen, aber die Qualität der Berichterstattung nehme ab. Blogger würden nur reagieren, kopieren und kommentieren. Ein Qualitätsjournalismus sei dies nicht. Weiterhin müsse gut recherchiert, enthüllt und über die Hintergründe informiert werden. Würde der Journalismus geschwächt, ginge dies zu Lasten der Demokratie.
Die technischen Anforderungen an Journalisten würden steigen, da die Online-Zeitungen Fotos, Videos, Podcasts und Links integrieren werden.

Suchmaschinen und Bezahlung von Online-Artikeln

Google News und Yahoo News seien Suchmaschinen, die Nachrichten zusammenstellen, aber nicht selbst produzieren. Die Zeitungsverlage hätten den Zeitpunkt verpasst sich, sich die Produktion der Nachrichten im Internet bezahlen zulassen.

Neue Finanzierungsformen

Auch die Formen der zukünftigen Finanzierung von Zeitungen (Print und Online) seien noch nicht ganz klar. Während einige erwarten Gewinne durch Werbung zu machen, weisen andere darauf hin, dass die Werbung nicht die Kosten für die Nachrichtenbeschaffung und Verbreitung decken könne.
Denkbar wäre auch eine Quersubventionierung durch andere Geschäftsmodelle (z.B. Weiterbildungsangebote). Dies sei aber nur möglich, wenn Zeitungen einen Traditionsverlag im Rücken hätten, der dafür geringe Gewinne im Zeitungsgeschäft in Kauf nähme.
Eine Subventionierung durch den Staat wird eher mit Skepsis betrachtet, obwohl Steuervergünstigungen gern gesehen würden. Befürchtet wird die politische Einflussnahme.
Auch gäbe es die Möglichkeit der Förderung durch Stiftungen und Privatpersonen. Abgelehnt würden auch hier reiche Leute, die Zeitungen kaufen, um die Meinung zu manipulieren.
Kooperationen zwischen Zeitungsverlagen und öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern wären denkbar.

Ich bin auf die künftige Form der Zeitungsverbreitung gespannt. Mir persönlich würde meine Wochenendzeitung sehr fehlen, da dies auch etwas mit sich „wohlfühlen“ und „entspannen“ zu tun hat. Allerdings, ich hätte nichts dagegen, wenn das Zeitungsformat etwas kleiner wäre.

(c) Ingeborg Lüdtke (2009)

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