Fragen zur VG-Wort (Verwertungsgesellschaft)

Der geschäftsführende Vorstand der Verwertungsgesellschaft „VG-Wort“, Dr. Robert Staats, berichtet in dem Interview über den Zweck der Gründung und die Serviceleistung der VG-Wort, über die Klage von Dr. Martin Vogler bezüglich der Abrechnungspolitik der VG Wort und dem dazugehörigen Urteil des Bundesgerichtshofs und die Auswirkungen auf die Verlage, die aktuelle Vergütung für die öffentliche Zugänglichmachung für Unterricht und Forschung und Wiedergabe von Werken an elektronischen Leseplätzen in öffentlichen Bibliotheken, Museen und Archiven, sowie die Vereinfachung der Einholung von Nutzungsrechten für Schulbuchsammlungen über das Portal
Er nimmt auchStellung zur Klage von Dr. Martin Vogel bezüglich der Abrechnungspolitik der VG Wort und dem dazugehörigen Urteil des Bundesgerichtshofs und die Auswirkungen auf die Verlage.
Außerdem geht es um die aktuelle Vergütung für die öffentliche Zugänglichmachung für Unterricht und Forschung und Wiedergabe von Werken an elektronischen Leseplätzen in öffentlichen Bibliotheken, Museen und Archiven, sowie die Vereinfachung der Einholung von Nutzungsrechten für Schulbuchsammlungen über das Portal „Madonna“.

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Ingeborg Lüdtke:

Herr Dr. Staats, was verbirgt sich hinter dem Namen VG Wort?

Dr. Robert Staats:

Nun das ist einfach. VG steht für Verwertungsgesellschaft und das Wort steht dafür, dass die VG Wort Rechte von Urhebern und Verlagen von Sprechwerken wahrnimmt. Die VG Wort ist damit eine von den 13 Verwertungsgesellschaften, die es in Deutschland gibt.

Ingeborg Lüdtke:

Seit wann besteht die VG Wort und warum wurde sie gegründet?

Dr. Robert Staats:

Die VG Wort wurde 1958 gegründet in München und zwar gemeinsam von Urhebern und Verlagen. Hintergrund für die Gründung der VG Wort und auch für die Gründung von anderen Verwertungsgesellschaften ist stets, dass es bestimmte Rechte oder Ansprüche gibt, die der einzelne Autor oder einzelne Verlag individuell nicht effektiv wahrnehmen kann, weil es sich insbesondere um Massennutzungen handelt. In solchen Fällen werden dann Verwertungsgesellschaften eingeschaltet, die für alle Berechtigten gemeinsam diese Rechte wahrnehmen. Das war der Hintergrund dafür,  dass 1958 Urheber und Verlage beschlossen haben, gemeinsam solche Rechte in die VG Wort einzubringen, um sie durch sie wahrnehmen zu lassen.

Ingeborg Lüdtke:

Welchen Service bietet die VG Wort für Ihre Mitglieder?

Dr. Robert Staats:

Die VG Wort als Verwertungsgesellschaft nimmt Rechte wahr. Das heißt zunächst mal müssen ihr von den Berechtigten, von den Urhebern und den Verlagen Rechte eingeräumt werden oder abgetreten werden. Das passiert auf der Grundlage eines sogenannten Wahrnehmungsvertrages. Die VG Wort vergibt dann an Nutzer Rechte, schließt Lizenzvereinbarungen ab oder zieht Vergütungsansprüche ein für gesetzlich erlaubte Nutzungen.

Das Geld, das bei der VG Wort ankommt, wird dann auf der Grundlage eines Verteilungsplanes an die Berechtigten ausgeschüttet. Das ist letztlich der Service, den wir anbieten. Das ist aber nicht nur der Service, den wir anbieten, sondern das ist auch unsere gesetzliche Aufgabe, die in einem neuen Verwertungsgesellschaftengesetz, das es seit Sommer 2016 gibt, im Einzelnen beschrieben wird.

Ingeborg Lüdtke:

Kann man sich an die VG Wort wenden, wenn man Hilfe bei der Urhebersuche benötigt?

Dr. Robert Staats:

Das ist eigentlich nicht eine zentrale Aufgabe der VG Wort. Wir bieten keinen Service insoweit an, dass wir über Urheber oder sonstige Berechtigte für jedermann Auskunft erteilen, sondern wir geben Auskunft immer nur im Rahmen der Rechte, die wir tatsächlich wahrnehmen.

Ingeborg Lüdtke:

Pflegt die VG Wort einen internen Autorenpool mit Hinweisen auf Erben oder Rechteinhaber verstorbener Autoren?

Dr. Robert Staats:

Intern haben wir selbstverständlich eine Datenbank für unser Rechtemanagement und natürlich auch für die Ausschüttungen, die wir vornehmen. Aber das ist eine interne Datenbank.

Ingeborg Lüdtke:

Das wird ja auch oft so missverständlich betrachtet. Man denkt: „Da ist ein Pool vorhanden und es kann jeder fragen, der eine Auskunft wünscht“.

Dr. Robert Staats:

Genau.

Ingeborg Lüdtke:

Wie hat sich die VG Wort im Laufe der Jahre verändert?

Dr. Robert Staats:

Sie ist erfreulicherweise im Laufe der Jahre, … im nächsten Jahr [2018] 60 Jahre, immer größer geworden. Sie hat immer mehr Rechte wahrgenommen, höhere Einnahmen im Laufe der Jahre erzielt. Natürlich spielt auch bei der VG Wort in den letzten Jahren die Digitalisierung eine sehr große Rolle. Das gilt sowohl im Hinblick auf Nutzungen, die wir erfassen und vergüten, die mittlerweile natürlich nicht nur analoge Nutzungen sind, sondern auch digitale. Es gilt aber auch für die interne Verwaltung, die Abrechnung. Sie können heute über ein elektronisches Meldeportal melden, was erfreulicherweise auch von sehr, sehr vielen Autoren genutzt wird. Natürlich innerhalb der VG Wort, besonders in der Verwaltung, ist das mittlerweile digital umgestellt. Also hier hat sich, wie bei allen Unternehmen, in den letzten Jahren sehr sehr viel verändert.

Ingeborg Lüdtke:

Die VG Wort ist ja in den letzten Monaten oder sogar Jahren in die Schlagzeilen gekommen. Der Urheberrechtler und Autor Dr. Martin Vogel hat gegen die Abrechnungspolitik der VG Wort geklagt. Er ist der Meinung, dass den Verlagen kein Geld zusteht. Die Verlage brächten in die VG Wort keine eigenen Rechte ein.

Das Urteil des Bundesgerichtshofs hat ihm Recht gegeben. Welche Auswirkungen hat dieses Urteil auf die Abrechnungsverteilung der VG Wort und die Verlage?

Dr. Robert Staats:

Ja, das war selbstverständlich ein sehr schwieriger Prozess, insbesondere im letzten Jahr [2017], in dem diese Entscheidung des Bundesgerichtshofes ergangen ist. Die VG Wort war mit Blick auf die Vergangenheit verpflichtet, Ausschüttungen an die Verlage, die in den Jahren 2012- 2015 vorgenommen worden waren, zurückzufordern, um sie anschließend dann an die Autoren auszuschütten, vorausgesetzt der Autor hatte nicht zu Gunsten des Verlages auf eine solche Nachzahlung verzichtet. In der Zukunft gibt es einen neuen Verteilungsplan auf der Grundlage von neuen gesetzlichen Regelungen zur Verlegerbeteiligung, die Ende 2016 im Bundestag beschlossen worden sind. Auch in der Zukunft wird es bei der VG Wort eine Verlegerbeteiligung geben, allerdings auf der Grundlage von ganz anderen Kriterien als das in der Vergangenheit der Fall war.

Ingeborg Lüdtke:

Kann ein Autor, der kein Mitglied der VG Wort ist, dem Verlag trotzdem auch einen Anteil seines Honorars abtreten.

Dr. Robert Staats:

Ja, diese Möglichkeit besteht. Zunächst mal die Autoren, die einen Wahrnehmungsvertrag mit der VG Wort abgeschlossen haben: Da sieht der Verteilungsplan der VG Wort vor, dass eine Verlegerbeteiligung möglich ist, wenn der Autor dem zugestimmt hat. Das gilt jedenfalls im Bereich von den Vergütungen auf der Grundlage von gesetzlichen Vergütungsansprüchen.

Wenn es sich um einen Urheber handelt, der keinen Wahrnehmungsvertrag mit der VG Wort abgeschlossen hat – wir sprechen von sogenannten Außenseitern – dann gibt es die Möglichkeit, dass nach der Veröffentlichung des Werkes der Urheber seine gesetzlichen Vergütungsansprüche an den Verlag abtreten kann, der sie seinerseits dann bei der VG Wort einbringt und dann den Verlagsanteil, aber nur den Verlagsanteil, nicht den Autorenanteil, bekommen kann.

Ingeborg Lüdtke:

Kommen wir noch einmal zurück auf den Autor Martin Vogel. Ist die Auffassung von Martin Vogel Ihrer Meinung nach gerechtfertigt, dass den Verlagen kein Geld zusteht?

Dr. Robert Staats:

Nun rechtlich hat das der Bundesgerichtshof entschieden. Das ist ein rechtskräftiges Urteil. Es gibt allerdings auch noch eine Verfassungsbeschwerde, die derzeit beim Bundesverfassungsgericht anhängig ist. Aber nichtsdestotrotz zunächst mal hat der Bundesgerichtshof rechtskräftig  entschieden. Rechtspolitisch oder mit Blick auf die Zukunft bin ich durchaus der Auffassung, dass es gerechtfertigt ist, dass die Verlage auch an den gesetzlichen Vergütungsansprüchen beteiligt werden. Es war deshalb sehr zu begrüßen, dass der Bundestag Ende letzten Jahres [2017] bereits gesetzliche Regelungen verabschiedet hat. Diese sind allerdings noch nicht ausreichend, um tatsächlich wieder an Verlage auf der Grundlage von einheitlichen Beteiligungssätzen Ausschüttungen vornehmen zu können. Deswegen ist es gut und sehr wichtig, dass auf der europäischen Ebene eine Diskussion geführt wird, über einen sogenannten Beteiligungsanspruch an Verlage. Hier hat die EU-Kommission im Herbst 2016 einen Vorschlag vorgelegt, der sich derzeit auf der europäischen Ebene im Gesetzgebungsverfahren befindet und hoffentlich sehr bald verabschiedet werden wird, um dann wieder eine verlässliche Grundlage zu sein für die Verlagsausschüttung der VG Wort.

Ingeborg Lüdtke:

Bisher gelten noch die für die Hochschulen wichtigen Paragraphen § 52 a und § 52 b des Urheberrechtgesetzes. Das bedeutet, dass eine öffentliche Zugänglichmachung für Unterricht und Forschung und Wiedergabe von Werken an elektronischen Leseplätzen in öffentlichen Bibliotheken, Museen und Archiven erlaubt ist. Allerdings muss dies angemessen vergütet werden. Bisher wurde dies pauschal über die VG Wort vergütet.

Ab dem 1.1.2017 hat die VG Wort versucht mit den Hochschulen einen Vertrag abzuschließen, bei dem die Nutzung einzeln abgerechnet werden soll.  Es gab einen Aufschrei unter den Hochschulen, die sich zum Teil geweigert haben, einen solchen Vertrag abzuschließen.

Wird sich diesbezüglich etwas ändern, wenn im März 2018  das neue Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz in Kraft tritt?

Dr. Robert Staats:

Nun die Auseinandersetzung im letzten Jahr [2016] um die digitalen Semesterapparate und die Frage, ob insoweit eine einzelnutzungsbezogene Abrechnung seitens der VG Wort verlangt werden kann, die ist durch den Gesetzgeber entschieden worden durch das Urheberrechts-Wissensgesellschaftsgesetz. Der Gesetzgeber hat entschieden, dass mit Inkrafttreten des Gesetzes, also ab 1. März 2018 insoweit eine Pauschale oder eine Vergütung auf der Grundlage von Stichproben ausreicht. Das müssen wir jetzt umsetzen und soweit werden wir versuchen in den anstehenden Verhandlungen mit den Ländern eine für uns möglichst sinnvolle Lösung zu finden. Aber die strittige Frage ist durch den Gesetzgeber entschieden  worden. Das heißt, es wird in Zukunft keine einzelbenutzungsbezogene Abrechnung von Werken geben, die in die Semesterapparate eingestellt werden.

Ingeborg Lüdtke:

Was mich persönlich noch interessiert: Wird es weiterhin für Schulbücher, die Möglichkeit geben, die Fremdrechte über die VG Wort einzuholen?

Dr. Robert Staats:

Das ist richtig und die Möglichkeit wird es in Zukunft auch weiterhin geben. Das Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz sieht auch insoweit eine gesetzliche Regelung vor, die unter etwas veränderten Vorrausetzungen, aber im Grundsatz ähnlich, wie die bisherige gesetzliche Regelung es den Herstellern von Unterrichts- und auch von Lehrmedien erlaubt  für Sammlungen sogenannte Fremdtexte zu verwenden. Auch insoweit gibt es einen Vergütungsanspruch, der von der VG Wort wahrgenommen wird. Das war in der Vergangenheit so und das wird auch in Zukunft so bleiben.

Ingeborg Lüdtke:

Der Urheber wird ja benachrichtigt und muss innerhalb von vier Wochen zustimmen. Vorher darf man die Fremdrechte nicht benutzen. Ändert sich dies ebenfalls?

Dr. Robert Staats:

Ja, soweit hat es in der Tat Änderungen gegeben durch das Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz. Bei den Unterrichts- und Lehrmedien ist eine solche Mitteilung der Urheber, wie es in der Vergangenheit vorgesehen war, nicht mehr vorgesehen. Das heißt, dieser Teil des Prozesses wird in Zukunft entfallen.

© Copyright Ingeborg Lüdtke

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(Das StadtRadio Göttingen strahlte die Sendung am 6.,10. und 20.1.2018 aus.)

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